Getrieben von der Fridays-for-Future-Bewegung und der Pandemie ist das Nachhaltigkeits-Bewusstsein der Konsument*innen stark gewachsen. Dies stellt auch die Studie «Shopping-Konzepte der Zukunft – neue Chancen für den stationären Einzelhandel» des Consulting-Unternehmens FTI Andersch fest. Regionalität und der nachhaltige Umgang mit Ressourcen müssen zukünftig mit Modetrends in Einklang gebracht werden. Auch wenn Kund*innen Abstand nehmen von der Wegwerf-Mentalität, möchten sie dennoch aktuellen Trends folgen. Slow Fashion, Second Hand, Leasing, Verleihmodelle, On-Demand-Fertigung – es hat sich einiges getan in der Branche. Dabei sind sich Käufer*innen darüber durchaus im Klaren, dass Nachhaltigkeit ihren Preis hat und sie sind bereit, ihn zu zahlen. «Less but better» lautet das neue Motto. Das sollten sich auch Modehersteller zu Herzen nehmen, die teilweise damit beginnen, den Umfang neuer Kollektionen zu verringern und weniger Kollektionen in den Markt bringen. Schon Coco Chanel sagte: «Ich bin gegen die Absurdität, Mode zu schaffen, die nicht von Dauer ist … für mich sind alte Kleidungsstücke wie alte Freunde, verstehen Sie? Man kümmert sich darum. Man repariert sie.»

 

Allein in Deutschland drohen 500 Millionen neue Kleidungsstücke vernichtet zu werden, berichtete das Online-Magazin utopia.de. Das sind erschreckende Zahlen. Um seiner Verantwortung gerecht zu werden, muss der Handel neue Wege einschlagen. Die Produkte, Wareneinsteuerung und die Mengenplanungen müssen besser auf das Kundenbedürfnis abgestimmt werden. «Wenn wir alle die vermutlich 20 Prozent zu viel Ware weglassen

könnten, wäre dies ein guter Start und würde knappe Ressourcen schonen», so Marc Ramelow, Mono- und Multilabel-Händler, in der Textilwirtschaft.

 

Second Hand-Trends und nachhaltige Labels

Der neue Momox Second Hand Report zeigt auf, dass 78 Prozent der bis 29-Jährigen gebrauchte Waren kaufen. Gefolgt von 67 Prozent der 30- bis 39-Jährigen und mit abnehmendem Verlauf die älteren Generationen. Der Kauf erfolgt fast gleichmässig zwischen lokalem und digitalem Handel. Viele nachhaltige Labels haben ihren Weg in den Markt bereits erfolgreich geschafft. So zum Beispiel das Schweizer Label REWORK, das Kollektionen umweltschonend aus Secondhandkleidern herstellt. Oder Nina Rein Fashion aus Deutschland, die nachhaltige Businesskleidung für Frauen anbietet. Mehr über die beiden Labels und ihre Philosophie können Sie in meinen Social-Media-Kanälen lesen, dort habe ich mich mit den Macher*innen unterhalten.

 

Doch der Nachhaltigkeitstrend in der Modebranche hat auch seine Schattenseiten. Vor allem gilt es, die Spreu vom Weizen zu trennen. Greenwashing ist auch hier angekommen. Das heisst es werden Versprechungen gemacht, die nicht eingehalten oder geprüft werden können. Der Nachhaltigkeitsbegriff ist nach wie vor dehnbar und unterliegt der freien Interpretation. Umso wichtiger ist es, das Vertrauen der Konsument*innen in eine Marke zu stärken. Dazu gehören unbedingt eine transparente Wertschöpfungskette und der authentische Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit. Weiterhin gilt zu bedenken, dass auch Second Hand- oder recycelte Ware gewaschen, weiterverarbeitet und transportiert werden muss und damit einen ökologischen Fussabdruck hinterlässt.

 

Die Herausforderung für den Einzelhandel besteht darin, die richtige Balance zu finden, um Nachhaltigkeit, Kundenzufriedenheit und Wirtschaftlichkeit miteinander zu verbinden. Neue Geschäftsmodelle tun gut daran, sich nicht nur auf Wachstum zu konzentrieren, sondern Sinn und Identität zu stiften. Das bedeutet unter Umständen, Marktsegmente loszulassen, die die Kundenbedürfnisse und die Umsatzerwartungen nicht mehr erfüllen, Platz zu schaffen für Neues, das ökologisch und sozial verträglich, aber auch wirtschaftlich interessant ist.