Das Metaversum ist in aller Munde! Man könnte es als dreidimensionale Ausführung des Internets bezeichnen, als interaktive, kreative, digitale Umgebung, in der Menschen arbeiten, spielen, Kontakte knüpfen und einkaufen. Noch ist das Zukunftsmusik, das Interesse am Potenzial der virtuellen Parallelwelt allerdings gross. Für Marken und die Modeindustrie bietet das Metaversum neue Möglichkeiten, die Generation Z und andere technikaffine, junge Verbraucher:innen anzusprechen. Insbesondere die jungen Menschen der Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 geboren sind, verbringen sehr viel Zeit online und erkunden die Möglichkeiten des Metaversums. Im Auftrag des Fachmagazins TextilWirtschaft hat das Marktforschungsunternehmen YouGov in einer Studie ermittelt, inwieweit der Markt für virtuelles Einkaufen offen ist. Ein Ergebnis: 10 Prozent der Befragten möchten gerne im Metaversum shoppen. Das grösste Interesse zeigt die Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen, gefolgt von den 35- bis 44-Jährigen.

 

Doch wie findet Shopping im Internet 3.0 statt? Im Grunde gibt es zwei Geschäftsmodelle: Sie verkaufen – wie im Onlineshop – physische Kleidungsstücke. Oder Sie bieten digitale Teile in Form von Non Fungible Token (NFT) an. NFTs sind einzigartige digitale (Vermögens)Gegenstände, deren Echtheit und Besitzer:in dank hochkomplexer Blockchain-Technologie eindeutig verifiziert werden können und die im Metaversum gekauft, verkauft und getauscht werden, oft mit Kryptowährung. Einfach gesagt: NFTs sind aussergewöhnliche Sammlerstücke. Auch wenn dies alles im doppelten Sinne des Wortes fantastisch klingt: Im Metaversum lässt sich viel Geld verdienen. Morgan Stanley zufolge wird die digitale Nachfrage nach Mode- und Luxusmarken von ihrem derzeitigen niedrigen Niveau aus wachsen und der Branche bis 2030 zusätzliche Umsätze in Höhe von 50 Milliarden Dollar bescheren.

 

Deshalb ist es nicht weiter erstaunlich, dass sich zahlreiche Luxus-, Lifestyle- und Sportmarken bereits im Metaversum tummeln und dort ihre Produkte anbieten: Adidas, Balenciaga, Hugo Boss, Dolce & Gabbana, Gucci, Tommy Hilfiger, Ralph Lauren oder Nike, um nur einige zu nennen. Beispielsweise bietet «Nikeland» im Roblox-Universum seinen Nutzer:innen digitale Sport- und Spielideen, und sie können ihre Avatare mit Nike-Ausrüstung ausstatten. Im Survival-Game Fortnite tragen die Avatare Outfits von Balenciaga. Gucci ist es gelungen, die digitale Tasche Dionysus im Metaversum für rund 800 US-Dollar teurer zu verkaufen als das reale Gegenstück.

Im Frühjahr fand die erste Fashion Week im Metaversum statt: Runway-Shows, After-Partys, immersive Erlebnisse, Shopping, Podiumsdiskussionen und einiges mehr konnten Besucher:innen auf Decentraland erleben. Mit über 60 teilnehmenden Marken, Künstler:innen und Designer:innen war dies ein Meilenstein in der globalen Modeindustrie.

 

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg arbeitet mit Hochdruck an der Realisierung seines Metaversums. Im Mai dieses Jahres öffnete der erste Meta Store in Kalifornien. Er soll den Menschen zeigen, was mit der passenden Hardware möglich ist, und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft werfen, wenn das Metaversum zum Leben erwacht. Im Meta Store wird es möglich, die Verbindung zum Metaversum herzustellen, und einen Eindruck davon zu bekommen, wie wir uns zukünftig in der virtuellen Welt bewegen. Ende August stellte er zum Start seiner 3D-Welt «Horizon Worlds» in Frankreich und Spanien ein Bild seines Metaversums der Öffentlichkeit vor. Die Resonanz war allerdings geradezu vernichtend und so versprach er nachzubessern.

 

Was bedeutet diese Entwicklung für den stationären Handel? Die Aufmerksamkeit, die Marken bereits heute im Metaversum auf sich ziehen, wird sich positiv auf die stationären Geschäfte auswirken. Sollte sich virtuelle Mode dauerhaft etablieren, können beide Welten nebeneinander existieren. Denn wie bereits im Vergleich zum klassischen Online-Shopping bleiben dem stationären Handel seine einzigartigen Vorteile: Die Haptik und Optik von Kleidungsstücken sind nur vor Ort erfahrbar. Eine Studie der internationalen Unternehmensberatung pwc stellt fest, dass 18- bis 24-Jährige den stationären Handel am häufigsten aufsuchen. Rund 60 Prozent der Generation Z geben an, mindestens einmal in der Woche im Einzelhandel einzukaufen. Wichtig ist ihnen, dass sie sich schnell und einfach im Laden orientieren können, dass schnelle und einfache Bezahlmethoden angeboten werden und kostenloses WLAN mit einem unkomplizierten Login-Verfahren. Hinzu kommt natürlich der persönliche Kontakt zwischen Verkaufskraft und Kund:innen, den – davon bin ich zutiefst überzeigt – kein Avatar ersetzen kann.