Wenn Sie im Verkauf tätig sind, haben Sie sicher selbst schon erfahren, wie sehr sich im digitalen Zeitalter die Kundenerwartungen und damit auch die Führung eines Verkaufsgesprächs verändert haben. Kund*innen sind es mittlerweile gewohnt, alles sofort zu bekommen: 24-Stunden-Service, detaillierte Produktinformationen, Informationen zu Beständen, die schnelle und unkomplizierte Abwicklung des Zahlungsprozesses und am Ende die Produkte. Diese Wünsche und Bedürfnisse projizieren sie entsprechend auf den stationären Handel.
Um die hohen Erwartungen zu erfüllen, bedarf es einer exzellenten Vorbereitung und einer ausserordentlichen Service-Leistung. Um die Kund*innen zu ihrem Glück zu führen, muss alles stimmen: Wohlfühl-Atmosphäre, exklusive Behandlung, inspirierende Beratung, kompetente Information, Inszenierung der Produktübergabe – so bleiben ein gutes Gefühl und die Erinnerung an diesen Einkauf. Denn die menschliche Komponente steht im Vordergrund: der intensive persönliche Kontakt sowie die Erfüllung von Grundbedürfnissen wie Berührung, Sehnsüchte und Glück.
Und genau diesen einzigartigen Vorteil muss der stationäre Einzelhandel nutzen und trainieren. Wir brauchen eine neue Verkaufskultur, eine neue Kultur für die Führung des Verkaufsprozesses im Einzelhandel und damit ein neues Verständnis für die immense Wichtigkeit der geglückten Kundenbeziehung, des Customer Values. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der Dialog mit den Kund*innen intensiviert und das Verkaufsgespräch neu gestaltet werden. Ich empfehle Ihnen: Schaffen Sie eine persönliche, individuelle und emotionale Beziehung auf Augenhöhe zu Ihren Kund*innen.
Ich möchte dies am Beispiel des Tangos deutlich machen: Grundlage für den geglückten gemeinsamen Tanz ist die Führung auf Augenhöhe, zwei gleichwertige Partner*innen stehen einander gegenüber. Führen heisst hier, klare und verständliche Impulse auszusenden mit der Absicht, eine Bewegung anzustossen. Dies beinhaltet die Richtungsangabe, berücksichtigt Rhythmus und Raum und leitet eindeutig und rechtzeitig die Schritte ein, damit der*die Folgende diese punktgenau umsetzen kann. Es gilt, das Ziel und die Richtung nie aus den Augen zu verlieren, Unwegsamkeiten zu sehen und darauf rechtzeitig zu reagieren. Dies alles geschieht in Bruchteilen von Sekunden und mit einiger Übung ganz intuitiv. Nur so ist es möglich, auch die Impulse des*der Folgenden aufzunehmen und darauf zu reagieren. Denn der Tango ist ein wechselseitiger Dialog, kein Monolog.
Im Tango ist es, symbolisch gesprochen, das Herz, das führt, denn die eigentliche Führung geschieht nicht durch die Arme, sondern auf Höhe des Brustbeins, das Kontaktpunkt des Paares ist. Die Beine indessen sind frei für die Bewegung.
Führen mit Herz – im Tango und im Verkauf
Ist diese Art zu führen vielleicht auch eine Lösung für den Verkauf? Die Kund*innenbeziehung und das Verkaufsgespräch mit dem Herzen zu führen und dadurch emotionale Erlebnisse zu ermöglichen, losgelöst von Raum und Zeit. Durch die volle Konzentration auf die Kund*innen entwickelt sich ein geschärfter Instinkt für Stimmungen, Veränderungen und das Umfeld. Mit anderen Augen und klarem Blick wird alles wahrgenommen. Das garantiert uns, am Puls der Zeit, am Herz der Kund*innen zu sein und zu bleiben, im übertragenen Sinne «im Takt des Tangos». Der Kauf des Produktes wird dann zur logischen Folge der entstandenen Beziehung.
Wie können wir ein Verkaufsgespräch mit Herz führen? Was brauchen wir, damit sich die Kund*innen von uns führen lassen und damit ein wechselseitiger Dialog entsteht?
Die Grundlagen sind aus meiner Sicht:
- Die vorhergehenden «Mindsteps», die ich in Blogbeiträgen bereits ausführlich beschrieben habe: die innere und äussere Haltung (Postura), die Kontaktaufnahme (Cabeceo), eine Verbindung herstellen, die Umarmung (Abrazo)
und nun die Führung. Das heisst:
- Eine positive Grundhaltung
- Kund*innen sind gleichwertige Partner*innen
- Das Gespräch wird auf Augenhöhe geführt
- Die ganze Konzentration liegt auf den Kund*innen
- Ich bin mir meiner äusseren Wirkung bewusst (hierzu sind Perspektivwechsel und das Feedback von Kolleg*innen wertvoll)
- Ich bin höchst aufmerksam und achtsam (es gibt hierfür sehr gute Achtsamkeitsübungen)
- Ich fühle mit dem Herzen (Empathie)
- Das Ziel
In jedem Verkaufsgespräch geht es darum, Kund*innen glücklich zu machen und eine positive, intensive Kundenbindung «für die Ewigkeit» zu gestalten. Der Verkauf eines Produktes ist die logische Folge dieser Beziehung. Kein Power-Selling, sondern eine fokussierte, dynamische Power-Emotionalisierung.
- Alle Informationen über den Kunden wahrnehmen und entschlüsseln
- Körpersprache, Mimik und Gestik
- Gezielte, offene Fragen stellen: Was suchen Sie genau?
- Richtig zuhören und die Kundenwünsche widerspiegeln
- Habe ich Sie richtig verstanden, Sie suchen etwas ganz Besonderes …
- Gute Kenntnisse und Kompetenzen
- Raumkenntnisse: Wo befindet sich was im Geschäft?
- Produktkenntnisse inklusive emotionalem Nutzen des Produktes
- Kenntnis der Lagersituation
- Die Impulse der Kund*innen wahrnehmen, aufnehmen und eigene Impulse setzen
- Durch den wechselseitigen – nicht einseitigen – Dialog in gemeinsamer Bewegung zum Ziel führen
Sie sehen: Die Herausforderungen und Anforderungen an Verkaufskräfte im stationären Einzelhandel sind sehr hoch. Es geht immer darum, Ihre Kund*innen glücklich zu machen und sie zu einem guten Einkaufserlebnis zu führen. Fragen Sie sich manchmal: «Wo bleibe ich?» Mir ist es wichtig, dass im Verkauf immer der Mensch im Mittelpunkt steht. Dazu zählen auch Sie. Ich bin mir sicher, dass Sie (und das ganze Team) von einem gelungenen Verkaufsgespräch profitieren. Das Glück und die Zufriedenheit der Kund*innen spiegelt auf Sie zurück – machen Sie sich das bewusst und geniessen Sie es!