Heute beschäftige ich mich mit der Frage, wie wir das Vertrauen der Kund*innen gewinnen und damit die Kundenbeziehung stärken können. Ich denke dabei an das Bild der Umarmung. Eine Umarmung senkt automatisch unseren Stresslevel und den Puls. Unser Körper reagiert auf Hautkontakt und Zärtlichkeit ganz unmittelbar: Ängste nehmen ab, wir kommen zur Ruhe, sogar das Immunsystem wird dadurch gestärkt. Diese Wirkung hat auch ein einfacher Händedruck. Wissenschaftler*innen haben herausgefunden, dass bereits eine 20-sekündige Umarmung unseren Oxytocin-Spiegel erhöht mit dem Effekt, dass wir einander mehr vertrauen.

Werfen wir auch hier einen Blick auf den Tango Argentino. Er wird in enger Umarmung (el abrazar) getanzt: ich umschliesse mit einem Arm meinen Tanzpartner, die andere Hand liegt in seiner. Meist ruht der Kopf leicht und ohne Druck an dem des Partners/der Partnerin. Die enge Umarmung des Tanzes verlangt höchsten Respekt vor dem Gegenüber. Dieser Respekt ist die Voraussetzung für Vertrauen und Harmonie im Tanz.

 

Was bedeutet das für das Verkaufsgespräch?

Wir sollten im übertragenen Sinn mit unseren Kund*innen in die Umarmung gehen. Dazu müssen wir wissen, dass jeder Mensch eine tiefe Sehnsucht nach echtem Vertrauen und Hingabe hat. Hingabe bedeutet: ich erhebe keinen Widerstand gegen das, was jetzt ist. Ich habe keine Angst vor meinen Gefühlen. Ich spüre in mich hinein, fühle, ob die Situation für mich stimmig ist, fühle, wie sie ist und folge meinem Impuls. Hingabe ist der Ausdruck grössten Vertrauens. Wenn Vertrauen besteht, kann ich mich auf die Bedürfnisse und Wünsche meines Gegenübers ganz einlassen.

Welche Grundsätze müssen wir beachten, um das Vertrauen unserer Kund*innen zu gewinnen?

1) Wer nicht vertraut, findet kein Vertrauen

Grundvoraussetzung dafür, dass mir jemand vertrauen kann, ist, dass ich mir selbst vertraue. Das bedeutet, die eigene Wahrnehmung ernst zu nehmen, sich selbst anzunehmen und einen liebevollen Umgang mit sich selbst zu pflegen. Vertrauen ist wichtig für unser seelisches Wohlbefinden und unsere Beziehungen.

2) Aufeinander eingehen

Wenn mein Gegenüber aufgrund meiner Gestik und Mimik erkennt, ob ich fröhlich, müde, gestresst oder traurig bin, wird es sich je nach Gefühlslage anders verhalten. Dieses Verhalten zeigt, dass ein Mensch empathisch ist.

3) Gestik und Mimik sind entscheidend

Wenn Ihnen jemand kühl und reserviert begegnet, wie verhalten Sie sich? Gehen Sie auf diese Person freudestrahlend zu? Nein. Die meisten von uns werden vermutlich ebenfalls abweisend, sicher aber zurückhaltend reagieren. Damit ist die Basis für Vertrauen von Anfang an verspielt. Eine offene, respektvolle Körperhaltung hingegen, ein Lächeln zeigt: «Ich bin für Dich da!»

4) Vertrauen ist dynamisch

Jemandem sein Vertrauen zu schenken oder jemandes Vertrauen zu gewinnen, ist kein Status quo. Wer Vertrauen möchte, muss kontinuierlich daran arbeiten.

5) Ohne Respekt kein Vertrauen

Um gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, bedarf es Respekt. Ich begegne anderen Menschen auf Augenhöhe, fälle keine Urteile über sie, akzeptiere ihre Bedürfnisse und Wünsche. Das bedeutet auch, dass Nähe und Distanz gemeinsam definiert und unbedingt respektiert werden müssen.

 

Die Bedeutung von Nähe und Distanz

Dies ist ein sehr ernst zu nehmender Aspekt in der zwischenmenschlichen Kommunikation. Gerade durch die Situation mit Corona ist dieser Aspekt noch wichtiger geworden und muss unbedingt sensibel berücksichtigt werden. Denn wir haben in den letzten Monaten gelernt, dass der «richtige» Abstand vor Ansteckung schützt und Leben retten kann. Daher sind Distanzzonen – neben Gestik, Mimik und Berührungen – ein entscheidender Teil unserer Körpersprache und mehr denn je ein Zeichen von Respekt und Vertrauenswürdigkeit.

Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass jeder Mensch einen «persönlichen Raum» besitzt, der etwa einen Radius von 70 Zentimeter um ihn herum ausmacht. Halten wir diesen Sicherheitsabstand ein, können wir ein Gespräch geniessen. Betritt jedoch jemand unerwünscht diesen Raum, fühlen wir uns unbewusst bedroht oder sogar körperlich belästigt. Wir treten meist einen Schritt zurück.

Warum das so ist, wurde in zahlreichen Studien untersucht und hat vielfältige Gründe. Ein Faktor ist sicherlich die Funktionsfähigkeit der Augen. Bei einem dreiviertel Meter Abstand können wir den/die Gesprächspartner/in in voller Grösse erkennen, ohne mit den Augen zu wandern. Kommt er/sie uns näher, fühlen wir uns verunsichert. Zu grosse körperliche Nähe hat – sieht man einmal von Familie, Freunden oder Partner ab – immer etwas Bedrohliches.

Für ein Verkaufsgespräch ist das fatal, denn die Bereitschaft zur Kommunikation sinkt erheblich, da das Gegenüber am liebsten der Situation entfliehen möchte. Dabei kann man sehr einfach herausfinden, wie viel Abstand 70 Zentimeter sind: Stellen Sie sich vor, dass Sie Ihren Arm nach vorne ausstrecken. Wenn Sie die andere Person gerade noch nicht berühren, sind Sie auf der sicheren Seite. Oder fragen Sie einfach Ihre Kund*innen, wie nahe Sie kommen dürfen.

Die Distanzzonen im Überblick

Intime Zone ➠ 0 bis 60 cm

In diesem Bereich kommuniziert man mit Menschen, die einem im wahrsten Sinne des Wortes nahestehen: Partner oder Partnerin, Familienmitglieder, Verwandte und sehr enge Freund*innen

Persönliche Zone ➠ 0,60 bis 1,20 m

In dieser Zone befindet man sich im Verkaufsgespräch mit Kund*innen, beim Smalltalk mit Kolleg*innen auf der Strasse oder mit Gästen bei einer Party

Soziale Zone ➠ 1,20 Bis 3,60 m

Dies ist der Raum für unpersönliche Kontakte wie mit Handwerker*innen oder Briefträger*innen

Öffentliche Zone ➠ Mehr als 3,60 m

Exemplarisch hierfür ist ein grosser Sitzungsraum, die Führungskraft steht vorne und erläutert die Tagesordnungspunkte oder jemand hält eine Rede

Umarmen Sie Ihre Kund*innen! – dazu möchte ich Sie ermutigen. Natürlich nicht im wörtlichen Sinn, das würde bei den meisten wohl eher das Gegenteil bewirken, sondern umarmen Sie Ihre Kund*innen mental, emotional und verbal. Das machen Sie, indem Sie Ihren Kund*innen Wertschätzung, Anerkennung, Vertrauen und Respekt entgegenbringen. Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg und viele bereichernde Erlebnisse.