Wie unsere Zukunft und die nachkommender Generationen aussehen wird, hängt davon ab, wie gut es uns gelingt, unseren Mindset global zu verändern. Umwelt, Klimaschutz und soziale Fragen müssen ganz oben auf der Agenda jedes einzelnen Menschen, aber auch von Unternehmen stehen. Leitlinien und gute Vorsätze dürfen nicht nur Lippenbekenntnisse sein, sondern müssen aktiv in die Tat umgesetzt werden. Nachhaltige Unternehmensführung wirkt sich positiv auf das Image aus und beeinflusst erheblich den wirtschaftlichen Erfolg. Mithilfe von Circular-Economy-Prinzipien und -Kriterien können Sie zahlreiche Ziele erreichen: Optimierung von Investitionen, Reduzierung von Abhängigkeiten, Stärkung der Resilienz, Einhaltung regulatorischer Anforderungen und Erhöhung des ESG-Impacts.

 

Der Textilindustrie kommt hier eine grosse Verantwortung zu. Denn sie gehört zu den grössten CO2-Verursacherinnen. Vier Milliarden Tonnen CO2 jährlich – so hoch sind die Emissionen der globalen Textilindustrie. Eine zentrale Rolle in diesem Umdenk- und Erneuerungsprozess spielen Start-ups: Viele setzen ihren Fokus darauf, kreislauforientierte Geschäftsmodelle zu entwickeln. Für Unternehmen ist es eine immense Aufgabe, ihren bestehenden Geschäftsbetrieb nachhaltiger zu gestalten. Start-ups hingegen können von Beginn an ihre Aktivitäten nach Kreislaufprinzipien aufbauen. Einerseits sind sie in der Lage, nachhaltige Produkte zu entwickeln. Andererseits bieten viele junge Unternehmen bestehenden Unternehmen Unterstützung darin, kreislauffähig zu werden.

 

Einige dieser innovativen, kreativen und zukunftsversprechenden internationalen Start-ups möchte ich Ihnen im Folgenden vorstellen. Sie bieten einen kleinen Ausschnitt dessen, was möglich ist:

 

Kleiderly/Alina Bassi (D)

Alina ist Gründerin und CEO des Labels Kleiderly, das ein zum Patent angemeldetes Verfahren zur Umwandlung von Altkleidern in neue Produkte entwickelt hat. Ziel ist es, Textilabfälle zu langlebigen Materialien zu recyceln, die erdölbasierte Kunststoffe ersetzen können und sich nahtlos in bestehende Fabrikprozesse einfügen. Kleiderly hat eine Reihe neuer Produkte von Kleiderbügeln bis hin zu Möbeln hergestellt und arbeitet mit grossen Einzelhändlern der Modebranche in ganz Europa zusammen.

 

Fabulous Fungi/Ilse Kremer (NL)

Ilse ist Mode-/Textil- und Biodesignerin. Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Aspekt ihrer Arbeit. Sie beschäftigt sich mit dem Recycling von Materialien und natürlichen Färbemethoden. Eines der grössten Probleme in der Modeindustrie ist die Wasserverschmutzung durch schädliche Textilfarbstoffe. Deshalb arbeitet sie an einem Projekt, wie Biodesign die Verwendung schädlicher Textilfarbstoffe reduzieren kann. Pilze sind dafür eine vielversprechende Quelle. Ilse hat erforscht, dass es verschiedene Pilzarten gibt, die Pigmente erzeugen, die zum Färben verwendet werden können, und Methoden entwickelt, wie man diese Pilze züchtet und ihre Pigmente extrahiert, um den Pilzfarbstoff herzustellen. Pilzfarbstoffe haben viele Vorteile gegenüber synthetischen Textilfarbstoffen und anderen Alternativen. Ausserdem sind sie für die industrielle Nutzung geeignet.

 

BioGlitz/Saba Gray und Timmy Singer (USA)

Sabas Liebe zu Glitter (bisher aus giftigem Mikroplastik) stand im Widerspruch zu nachhaltiger Mode. Sie war sich sicher, dass es einen Weg geben muss, eine nachhaltige Alternative zu schaffen, und machte sich auf die Suche nach biologisch abbaubarem Glitter.

Ihr Unternehmen BioGlitz arbeitet mit Bioglitter™ zusammen. Die nachhaltig geerntete Zellulose auf Eukalyptusbasis wird zu einem dünnen Film gepresst, mit natürlichen kosmetischen Pigmenten eingefärbt und dann in verschiedene Partikelgrössen präzisionsgeschnitten.

 

Dagsmejan/Catarina Dahlin und Andreas Lenzhofer (CH)

Dagsmejan hat sich zur Aufgabe gemacht, Schlafprobleme nachhaltig zu lösen, indem es Textilkollektionen entwickelt, die individuelle physiologische Schlafbedürfnisse erfüllen. Grundgedanke: Die intelligenten Textilien und innovativen Faserkonstruktionen von Funktionsbekleidung, die sich der individuellen Physiologie der Träger:innen anpassen, auf Schlaftextilien zu übertragen. Dazu arbeitet das Team mit Schlafforscher:innen, Textilingenieur:innen sowie Produktionsexpert:innen in ganz Europa zusammen. In den Nachtwäsche-Kollektionen werden ausschliesslich nachhaltig gewonnene Naturfasern verarbeitet. Die Produktion befindet sich vollständig in Europa, wobei alle Teile des Produktionsprozesses Öko-Tex-zertifiziert sind. Zurückgenommene Produkte werden wieder in das Lager zurückgeführt und alle Verpackungen sind biologisch abbaubar beziehungsweise vollständig wiederverwertbar.

 

Muntagnard/Dario Pirovino und Dario Grünenfelder (CH)

Das Premium-Modelabel produziert nachhaltige Textilinnovationen für die Kreislaufwirtschaft. Ein grosser Fokus liegt auf Transparenz und Wissensvermittlung. Muntagnard startete 2018 mit den zwei Gründern Dario Pirovino und Dario Grünenfelder und der Ambition, die bestmögliche Jacke zu kreieren. Sie setzen auf erneuerbare, recycelte und/oder biologisch abbaubare Rohstoffe und stellen sicher, dass der ökologische Fussabdruck vom Anbau bis zum Lebensende der Produkte möglichst geringgehalten wird. Die erreichten Ziele bisher: 76 Prozent Rückverfolgbarkeit, 70 Prozent Kreislauffähigkeit und 50 Prozent weniger CO2-Ausstoss im Vergleich zu ähnlichen Textilunternehmen. Die Kollektion umfasst inzwischen Shirts, Pullover, Sportbekleidung und Accessoires.

 

Leider ist es für junge Unternehmen in der Textilbranche häufig schwierig, Investor:innen zu finden. In der Phase zwischen Start-up und Scale-up müssen die meisten aufgeben, weil ihn28en nicht ausreichend Gelder zur Verfügung stehen, und es geradezu hoffnungslos ist, Kredite zu erhalten. Bleibt also zu hoffen, dass Investor:innen und Unternehmen wie eingangs erwähnt ihren Mindset ändern und nachhaltig orientierte Start-ups unterstützen. Im Rahmen der von der EU erarbeiteten neuen Textil-Strategie ist das dringend notwendig. Bis 2030 sollen alle Textilien nachhaltig produziert werden. Das betrifft auch die Schweiz, da 80 Prozent der Produkte von Schweizer Unternehmen in die EU-Märkte wandern.